Abnehmen mit Sport: Kalorien und was die Forschung dazu sagt

Je höher der Fettanteil, umso geringer der zusätzliche Energieverbrauch durch Sport. Das ist das Ergebnis aktueller Forschung. Wie geht man damit um? Darum geht es hier.
Abnehmen mit Sport: Kalorien sind weniger wichtig als man denkt
Astrid Kurbjuweit
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11 Minuten
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Fast jeder, der abnehmen möchte, beginnt mit Sport und zählt die Kalorien, die dadurch zusätzlich verbraucht werden. Das führt leider sehr oft zu Frustration. Und in der Folge dazu, dass man nicht durchhält.

Hier geht es um ein paar Forschungsergebnisse, die den Grund für die Frustration erklären können. Und um einen anderen Denkansatz, mit dem Abnehmen mit Sport erfolgreich und sinnvoll wird. Ohne Frust, dafür mit Spaß und Motivation.

Abnehmen mit Sport: die übliche Vorgehensweise

Wer abnehmen möchte und bisher unsportlich war, sucht oft nach der Sportart mit dem höchsten Kalorienverbrauch.

Die Überlegung ist, wenn man schon Sport machen muss, auf den man wenig Lust hat, dann soll es sich wenigstens lohnen.

Je mehr Kalorien der Sport verbraucht, umso höher ist das Kaloriendefizit, das man dadurch herstellen kann. Jedenfalls denkt man sich das so.

Und es gibt ja auch genügend Tabellen und Apps, die den Kalorienverbrauch pro Sportart und pro Sportminute oder -stunde anzeigen.

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Zuletzt aktualisiert am 20. November 2024 um 13:45 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.

Aus diesen Überlegungen heraus werden dann oft Abnehmziele errechnet. Denn rein logisch müsste man die ja erreichen.

Da ist es dann frustrierend, wenn die Waage sich nicht an diese Logik hält.

Inzwischen gibt es Forschungsergebnisse, die die Diskrepanz erklären können. Es liegt also nicht an einem selber, nicht daran, dass man irgend etwas falsch macht.

Sport erhöht den Kalorienverbrauch, aber nicht so, wie man denkt

Je mehr Sport man macht, umso höher ist der Kalorienverbrauch durch Sport. So dachte man bisher. Bereits 2016 gab es erste Zweifel an dieser Überzeugung.

Untersuchung von Pontzer et al. (2016)

Pontzer et al. führten eine wissenschaftliche Untersuchung durch, in der sie den Energieverbrauch von Amerikanern  mit dem Energieverbrauch von Einwohnern verschiedener afrikanischer Staaten verglichen.

Es ging also zum einem um Menschen, die wie wir Europäer mehrheitlich wenig Sport machen und viel sitzen.

sitzender  Lebensstil mit Schreibtischarbeit: niedriger Energieverbrauch?

Ein sitzender Lebensstil führt zu einem niedrigen Energieverbrauch, oder? Sport könnte das ändern, oder?
Foto: Studio Romantic/Shutterstock

Und zum anderen um Menschen, die eine deutlich aktivere Lebensweise haben. Es ging nicht um die Nationalitäten.

Die Erwartung war, dass die Afrikaner den höheren Energieverbrauch haben müssten. Nicht weil sie Afrikaner sind, sondern weil sie die deutlich aktivere Lebensweise haben.

aktiver Lebensstil: Eine Frau holt Wasser mit der Schubkarre

Ein aktiver Lebensstil mit viel körperlicher Arbeit sollte zu einem höheren Energieverbrauch führen. Oder?
Foto: Riccardo Mayer/Shutterstock

Allerdings kam raus, dass dem nicht so war. Der Energieverbrauch war fast gleich.

Es ging zwar nicht um Sport, sondern um eine allgemein aktive Lebensweise, aber die Zweifel waren da.

Wie kann das sein, dass beide Gruppen, die sehr unterschiedlich leben, im Großen und Ganzen den gleichen Kalorienverbrauch haben? Denn dieses Ergebnis widerspricht der bis dahin gängigen Meinung, dass jede Bewegung zusätzliche Energie verbraucht.

In der Folge gab es deswegen also eine Menge weitergehende Forschung zu dem Thema. Jetzt wollte man es aber auch genauer wissen:

Wie ist es denn nun, wenn man Sport macht? Ist das zusätzlicher Energieverbrauch oder nicht? Und warum? Und wo kommt die Energie für den Sport her, wenn keine zusätzlichen Kalorien verbrannt werden?

Der Artikel von Lewis G. Halsey (2021)

Lewis G. Halsey fasst den Forschungsstand zusammen. Sein Artikel trägt den bezeichnenden Namen „The Mystery of Energy Compensation“, deutsch: Das Geheimnis der Energiekompensation.

Er konstatiert den Fakt, dass wir Energie kompensieren. Also dass die Energie, die wir durch Sport verbrauchen, eben nicht, oder nur zu einem kleinen Teil zusätzlich ist.

Das Geheimnis ist, dass wir nicht wissen, wie das zustandekommt.

In der Zeit von 2016 bis 2021 ist also aus der Vermutung, dass da kein zusätzlicher Energieverbrauch sein könnte, durch viele wissenschaftliche Untersuchungen ein Fakt geworden.

Halsey diskutiert diese Untersuchungen.

Weitere Forschung befasst sich jetzt also mit der Frage, wo die Energie denn nun herkommt. Was da wie kompensiert wird.

Untersuchung von Careau et al. (2021)

Careau et al. haben in ihrer Untersuchung exakte Messverfahren angewendet, um den Energieverbrauch bei verschiedenen Aktivitäten genau bestimmen zu können.

Diesen Energieverbrauch haben sie dann bei vielen verschiedenen Menschen bei unterschiedlichen sportlichen Aktivitäten gemessen.

Sie haben zwei wichtige Dinge gefunden. Zum einen unterscheiden sich Menschen darin, wie viel Kalorien sie zusätzlich verbrauchen, wenn sie Sport machen.

Aber im Durchschnitt werden 72% der Sportkalorien zusätzlich verbraucht. 28% werden kompensiert, verschwinden also mehr oder minder mysteriös irgendwo.

Im Durchschnitt. Das ist immerhin deutlich mehr als nichts.

Das zweite wichtige Ergebnis ist, dass die Körperzusammensetzung, also insbesondere der Fettanteil, einen großen Einfluss darauf hat, wie viel Kalorien zusätzlich verbraucht werden, wenn Menschen Sport machen.

Je höher der Körperfettanteil, umso weniger zusätzliche Kalorien werden verbraucht, wenn der Mensch Sport macht.

Das kann zwei Gründe haben. Zum einen können Menschen, die viel kompensieren, also wenig zusätzlich verbrauchen, wenn sie Sport machen, leichter zunehmen.

Zum anderen kann es aber auch sein, dass das vorhandene Körperfett dazu führt, dass stärker kompensiert wird.

Auch wenn wir nicht wissen, welche der beiden Erklärungen richtig ist, so bleibt doch, dass Menschen, die übergewichtig sind, also einen hohen Fettanteil haben, eher wenig zusätzliche Kalorien durch Sport verbrauchen.

Das ist wissenschaftlich nachgewiesen. Man kann es auch so zusammenfassen: Es ist einfach ungerecht. Ausgerechnet die, die mit Sport viele Kalorien verbrauchen möchten, können das nicht. Weil ihr Körper andere Pläne hat.

Die gute Nachricht ist, man ist nicht selbst schuld, wenn es nicht so klappt, wie es eigentlich klappen sollte.

Es ist keine Ausrede, sondern wissenschaftlich nachgewiesen: Menschen mit hohem Fettanteil verbrauchen beim Sport wenig zusätzliche Kalorien. Auch dann, wenn sie sich wirklich anstrengen.

Macht der Versuch, mit Sport abzunehmen, jetzt überhaupt noch einen Sinn? Ja, unbedingt. Allerdings anders, als bisher gedacht. Darum geht es im Folgenden.

Abnehmen mit Sport: Erfolg jenseits der Kalorien

Sport verbraucht nicht nur Kalorien.

Sport verbessert die Fitness. Sport baut Muskeln auf und verringert damit den Körperfettanteil. Sport reduziert Stress und vermeidet dadurch eine Menge Stressessen.

Sport verändert den Appetit, es wird einfacher, sich gesund zu ernähren. Sport schafft gute Laune, vermeidet dadurch auch Frustessen.

Sport macht fit. Je fitter man ist, umso gesünder wird man sein. Krankheiten, die dem Übergewicht angelastet werden, werden mit zunehmender Fitness immer weniger schwerwiegend sein. Auch dann, wenn man noch nicht fertig ist mit Abnehmen.

Sport kann dazu führen, dass man neue Menschen kennenlernt, Sport kann das Selbstbewusstsein verbessern, Sport kann richtig Spaß machen.

Alle diese Dinge tragen dazu bei, Abnehmen einfacher zu machen.

Wer sich einlässt auf den Sport, dabei den Gedanken an die Kalorien einfach mal ignoriert, der setzt eine positive Spirale in Gang:

Am Anfang wird der direkte Einfluss des Sports auf die Gewichtsabnahme wahrscheinlich klein sein. Aber die gute Laune wird besser, das Selbstbewusstsein steigt, man kann Spaß haben und es sich gut gehen lassen, ohne dabei essen zu müssen.

Je länger man das macht, umso besser wird die Fitness werden, umso mehr gut trainierte Muskeln wird man am Körper haben, umso mehr Kalorien wird der Sport verbrauchen.

Die der Körper nach einer Weile nicht mehr alle kompensieren kann. Die tatsächlich zusätzlich durch Sport verbrauchten Kalorien werden immer mehr werden.

Gleichzeitig wird man merken, wie die Fitness immer besser wird. Wer sich seine immer bessere Fitness selbst erarbeitet, mit regelmäßigem Training, der gewinnt nicht nur diese Fitness, sondern auch viel Selbstbewusstsein.

Mit diesem Selbstbewusstsein traut man sich dann viel mehr zu. Abnehmen zum Beispiel. Oder auch, alles das zu tun, was man gerne tun will, egal, ob man schon fertig ist mit Abnehmen oder nicht.

Mit dem Selbstbewusstsein steigt die Lebensqualität. Abnehmen wird einfacher.

Wie fängt man an mit dem Abnehmen mit Sport?

Man beginnt damit, dass man sich eine Sportart sucht. Der Kalorienverbrauch dieser Sportart ist völlig egal. Wichtig ist, dass es eine Sportart ist, die man sich für sich selbst vorstellen kann, die einem im Idealfall richtig Spaß macht.

Wenn man keine Ahnung hat, welche Sportart das sein könnte, kann man zum einen Sportarten ausprobieren. Mal dies machen, mal jenes.

Wenn es gut ist, kann man dabei bleiben, zumindest für eine Zeit lang. Wenn es nicht gut war, geht man nicht nochmal hin und probiert etwas anderes aus.

Alternativ kann man damit anfangen, Spazieren zu gehen oder zu walken oder Nordic Walking zu machen.

Walking - Sport zum Abnehmen, Kalorien sind nicht so wichtig

Walking ist ein guter Sport zum Abnehmen. Wie viele Kalorien verbraucht werden, ist unwichtig. Tatsächlich.
Foto: Kletr/Shutterstock

Denn es geht beim Sport, auch beim Abnehmen mit Sport, nicht um Höchstleistungen, nicht darum, sich mit hochrotem Kopf und nach Luft japsend zu quälen.

Sondern es geht darum, sich zu bewegen, so dass der Kreislauf ein bisschen in Schwung kommt, das Herz ein bisschen schneller schlägt, der Atem etwas tiefer geht.

Dass man seine Muskeln spürt, ohne Schmerzen zu haben, dass man merkt, wie der Körper aktiv ist, und wie das auf einen selbst wirkt.

Dass einem angenehm warm wird, ohne dass man gleich in Schweiß gebadet ist.

Wer das regelmäßig macht, wird immer fitter werden. Und damit auch gesünder, besser gelaunt, ausgeglichener, selbstbewusster.

Und die durch den Sport tatsächlich zusätzlich verbrauchten Kalorien werden mit zunehmender Fitness immer mehr werden.

Wie trainieren, wenn man mit Sport abnehmen will?

Eine Faustregel sagt, für den Anfang sollte man dreimal in der Woche für jeweils eine halbe Stunde trainieren.

Das gilt für Menschen, die noch nie Sport gemacht haben, oder bei denen die letzte sportliche Betätigung schon Jahre zurück liegt.

Als erstes mal eine halbe Stunde Spazieren zu gehen, ist ein guter Einstieg. Natürlich kann man auch Radfahren oder Schwimmen, oder Tennis spielen, oder was auch immer man gerne tun möchte. Wichtig ist nur, es tatsächlich zu tun.

Regelmäßig dreimal in der Woche. Wenn man sich nicht überfordert, wenn man dafür sorgt, dass man sich beim Sport gut fühlt, in jeder Hinsicht, dann wird es leicht sein, diese Regelmäßigkeit einzuhalten.

Man muss sich nicht besonders anstrengen, nur eben einen Fuß vor den anderen setzen. Wer Spazieren geht, kann das an angenehmen, inspirierenden Orten tun, oder auch einfach direkt vor der Haustür.

Oder in der Wohnung, auf dem Laufband oder auf dem Crosstrainer. Oder auch im Fitnessstudio. Jedenfalls aber an einem Ort, an dem man sich gut fühlt. Das ist wichtig.

Wenn der Ort nicht gut ist, geht man besser woanders hin. Das ist umso wichtiger, je deutlicher das Übergewicht zu sehen ist.

Denn unfreundliche Mitmenschen können einem die Lust am Sport verleiden, da sollte man Lösungen suchen.

Ebenfalls kann es passieren, dass einem kleine Misslichkeiten die Lust am Sport verleiden.

Das können Blasen an den Füßen sein oder ein unbequemes Kleidungstück oder was auch immer. Nicht quälen, sondern Lösungen suchen.

Im Laufe der Zeit kann man dann anfangen, schneller zu gehen und weiter zu gehen. Man wird feststellen, dass man in der halben Stunde eine längere Strecke zurücklegt, und man wird Lust bekommen, weiter und länger zu gehen.

Das heißt, man wird fitter werden. Je fitter man wird, umso besser wird das mit dem Abnehmen klappen.

Und natürlich kann man, wenn man fitter wird, auch (wieder) andere Sportarten ausprobieren. Und natürlich anfangen, intensiver zu trainieren. Denn das wird mit zunehmender Fitness auch mehr Spaß machen.

Aus diesem Spaß und aus der zunehmenden Fitness wird man die Motivation ziehen, immer weiter zu machen.

Wer an Spaß und an Regelmäßigkeit denkt, wird mit Sport abnehmen. Egal, was mit den Kalorien ist.

Literatur

Pontzer H., Dugas L.R., Plange-Rhule J., Bovet P., Forrester T.E., Lambert E.V., Cooper R.S., Schoeller D.A., Luke A.
Constrained total energy expenditure and metabolic adaptation to physical activity in adult humans.
Curr. Biol. 2016; 26: 410-417

Halsey LG.
The Mystery of Energy Compensation.
Physiological and Biochemical Zoology: PBZ. 2021 Nov-Dec;94(6):380-393.

Careau V., Halsey L.G., Pontzer H., Ainslie P.N., Andersen L.F., Anderson L.J., Arab L., Baddou I., Bedu-Addo K., Blaak E.E., et al.
Energy compensation and adiposity in humans.
Curr. Biol. 2021; 31: 4659–4666

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