Fast jeder kennt die schmerzhaften Stiche in der Seite, die immer dann auftreten, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Zwei Fragen stellen sich im Zusammenhang mit den Seitenstichen: Wie entstehen sie, und wie bekommt man sie wieder weg?
Inhalt
Wann tritt Seitenstechen auf?
Mit dem Begriff Seitenstechen oder Seitenstiche ist der stechende Schmerz rechts oder links unterhalb der Rippe, etwa auf Höhe der Taille gemeint, der während intensivem Ausdauersport entsteht.
Sportanfänger sind häufiger betroffen als routinierte Ausdauersportler. Meistens trifft es Läufer oder Jogger, aber auch andere Ausdauersportler sind nicht davor gefeit. Es kann jeden treffen.
Zunächst kann man festhalten, dass die Stiche zwar schmerzhaft und unangenehm sind, aber nicht gefährlich. Sie sind lästig, aber sie gehen ohne weitere Behandlung wieder weg, wenn man (vorübergehend) langsamer macht. Es bleiben keine Schäden zurück.
Dabei ist es egal, ob die Stiche oder krampfartigen Schmerzen rechts oder links auftreten, es gilt immer dieselbe Behandlung.
Eine Ausnahme gibt es nur, wenn der stechende Schmerz in Ruhe, ohne Anstrengung, ohne Sport auftritt. Wenn so ein Schmerz nicht ganz schnell wieder weg ist, sollte man sich in ärztliche Behandlung begeben.
Seitenstechen ohne Anstrengung kann harmlose Gründe haben, kann aber auch ein Symptom ernster Erkrankungen sein.
In diesem Artikel geht es aber um Seitenstiche, die beim Ausdauersport auftreten. Beim Joggen, Laufen, manchmal auch beim Radfahren, Rudern, Reiten, Schwimmen, Skaten, Skilanglaufen, Bergwandern, etc.
Das schmerzhafte Stechen tritt vor allem bei relativ intensiven sportlichen (Ausdauer-) Belastungen auf, vor allem beim Laufen und allen Sportarten, bei denen gelaufen wird. Grundsätzlich kann es aber bei jeder Sportart auftreten.
Seitenstiche loswerden
Wer unter Seitenstechen leidet, den interessiert vor allem, wie er diesen Schmerz wieder loswerden kann. Daneben ist es aber auch sinnvoll, sich mit der Frage zu befassen, wie man den einschränkenden Schmerz in Zukunft möglichst vermeiden kann.
Wenn es akut sticht, hilft nur eine Pause. Langsamer weiterlaufen, besser ein Stück gehen, bis der Schmerz aufhört.Man kann sich Erleichterung verschaffen, vielleicht auch die Zeit bis zum Aufhören des Schmerzes etwas verkürzen, indem man mit der flachen Hand fest auf die schmerzende, betroffene Stelle drückt.
Tiefes, bewusstes Ausatmen unter aktiver Beteiligung der Bauchmuskulatur hilft ebenfalls. Unterstützend kann man beim Einatmen die Arme hochheben, beim Ausatmen wieder runternehmen.
Es dauert nicht lange, bis der Schmerz vorübergeht, nur wenn man meint, es ohne Pause zu schaffen, dann artet es schnell in Quälerei aus.
Also Pause machen, eine kurze Strecke gehen, und dann drüber nachdenken, wie man die Stiche in Zukunft vermeiden kann.
- Sportmedizin (Bücher)
- Physiotherapie & Heilgymnastik (Bücher)
- Fitness & Kraftsport (Bücher)
Wenn die Schmerzen nicht weggehen, dann kann es sein, dass es sich nicht um Seitenstechen, sondern um eine Erkrankung oder Verletzung handelt. In dem Fall muss man einen Arzt aufsuchen. Seitenstiche hören auf, wenn man langsam macht.
Vorbeugung
Um möglichst selten Seitenstechen zu bekommen, hilft es, ein paar Vorbeugungsmaßnahmen zu ergreifen.
Generell treten Seitenstiche umso seltener auf, je besser trainiert man ist. Regelmäßiges Training hilft also. Auch wenn es keine Garantien gibt.
Wer im Moment noch nicht so gut trainiert ist, der kann durch angepasstes Training, also durch Vermeidung von Überforderung, auch die krampfartigen Schmerzen vermeiden. Allzu großer Ehrgeiz fördert die Entstehung der Stiche dagegen eher.
Neben einem guten allgemeinen Trainingszustand scheint vor allem eine gut trainierte Bauch- und Rumpfmuskulatur die Beschwerden gut in Schach halten zu können.
Als Ausgleichssport Kräftigungsübungen zu machen oder Pilates oder ähnliches zu betreiben, hilft also vorbeugend.
Damit in Zusammenhang steht die Körperhaltung. Eine aufrechte, lockere Körperhaltung vermeidet Seitenstiche, dient auch einer freien, tiefen Atmung, was wiederum der Entstehung der Schmerzen entgegen wirkt.
Eine solche Körperhaltung lässt sich wiederum umso besser über längere Zeit beibehalten, je besser trainiert man ist. Eine falsche Körperhaltung kann Seitenstiche begünstigen.
Zu enge Kleidung, vor allem am Bauch, kann das Auftreten von Seitenstichen begünstigen. Der Hosenbund sollte also passen, nicht einschnüren. Die freie Atmung sollte niemals behindert sein.
Auch dehnbare Sportkleidung kann zu klein sein, man sollte also die richtige Größe wählen, wenn man Seitenstiche vermeiden möchte. In dieser Hinsicht ist auch Kompressionskleidung unter Umständen kritisch zu betrachten.
Kurz vor dem Training sollte man möglichst wenig essen, vor allem keine Speisen, die schwer im Magen liegen.
Je leichter verdaulich die Nahrung, umso kürzer kann natürlich die Zeit zwischen Essen und Training sein. Fetthaltiges braucht viele Stunden, bis es verdaut ist, sollte also gemieden werden.
Unter Umständen kann es helfen, vorhandenes Übergewicht abzubauen.
Das scheint vor allem dann wirksam zu sein, wenn viel Fett im Bauchraum vorhanden ist. Speckpölsterchen, oder allgemein Unterhautfett haben dagegen wohl keinen Einfluss auf das Seitenstechen.
Trinken ist wichtig, aber kohlensäurehaltige Getränke können Seitenstiche begünstigen.
Dasselbe gilt für einen gefüllten Magen, egal ob mit Essen oder Wasser.
Ganz allgemein kann eine Gasentwicklung in den Gedärmen auch eine Ursache der Stiche sein, die man durch richtige Ernährung und richtiges Trinken vermeiden kann.
Die richtige Atemtechnik kann helfen, das Problem zu vermeiden. Tief in den Bauch atmen, durch die Nase atmen, verringert nicht nur das Risiko für das Auftreten stechender Schmerzen, sondern wirkt auch leistungsfördernd.
Schnappatmung oder Japsen am Limit sind nicht nur Zeichen dafür, dass man es übertreibt, sondern fördern auch das Auftreten von Seitenstichen.
Wer ein Tempo wählt, das dem derzeitigen Trainingsstand angemessen ist, vermeidet Seitenstiche. „Die“ eine richtige Atemtechnik scheint es dabei nicht zu geben, es ist individuell unterschiedlich, mit welcher Technik man am besten zurechtkommt. Ausprobieren hilft.
Manch einer kennt das Phänomen, dass das Training grundsätzlich völlig problemlos verläuft, aber im Wettkampf auf einmal Seitenstiche auftreten.
Zu großer Stress, zu große Anspannung scheint die Ursache zu sein. Vorbeugend hilft regelmäßige Entspannung, die man sowohl mit Entspannungstechniken erreichen kann, als auch mit einer geeigneten Einstellung.
Kein Wettkampf ist so wichtig, dass man sich deswegen völlig verkrampfen muss. Regelmäßige Teilnahme an Wettkämpfen schafft natürlich auch eine gewisse Routine, die der Aufregung und damit der Verkrampfung entgegenwirkt.
Es läuft in jedem Fall auf die Schlussfolgerung hinaus, dass gut trainierte und erfahrene Sportler seltener betroffen sind als Anfänger. Auch wenn es natürlich jederzeit jeden treffen kann, so ist regelmäßiges Training doch die beste Vorbeugung gegen Seitenstechen.
Ursachen des Seitenstechens
Es erscheint etwas merkwürdig, aber obwohl man viel darüber weiß, in welchen Situationen Seitenstiche auftreten und wie man sie wieder loswird, ist es immer noch nicht so ganz klar, was genau denn nun die Ursache der Schmerzen ist.
Einiges wird diskutiert, manches erscheint wahrscheinlicher als anderes, aber sicher ist hier gar nichts. Für jede einzelne These oder Theorie gibt es Belege und plausible Begründungen, aber echte Beweise sind nicht dabei.
Es ist also immer noch nicht entschieden, wo die Schmerzen denn nun herkommen. Ein aktueller Review-Artikel fasst den Forschungsstand zusammen, zeigt auch auf, wo noch weitere Untersuchungen nötig sind.
These: Bänder und Faszien als Ursache des Seitenstechens
Eine These ist, dass die Bänder und Faszien, an denen die inneren Organe im Bauchraum befestigt sind, im schlecht trainierten Zustand ihre Aufgabe, die Organe an ihrem Platz zu halten, nur unzureichend leisten können.
Ob dann die Bänder oder die Organe schmerzen, ist unklar. Aber diese These könnte erklären, warum vor allem Läufer betroffen sind, sind doch die Erschütterungen, denen der Körper ausgesetzt ist, beim Laufen normalerweise größer als beim Radfahren, Schwimmen oder Rudern.
Auch scheint es so zu sein, dass Seitenstiche bevorzugt beim Bergablaufen auftreten. Das schwerste innere Organ, die Leber, liegt auf der rechten Körperseite. Vor allem Seitenstiche auf der rechten Seite könnten also mit dieser These erklärt werden.
Tatsächlich gibt es die Behauptung, dass die Stiche häufiger rechts als links vorkommen, es ist aber nicht bekannt, ob das wirklich zutrifft oder nur ein subjektiver Eindruck ist, der immer weitererzählt wird.
Ebenfalls für diese These spricht die Beobachtung, dass Seitenstiche häufiger vorkommen, wenn man zu kurz vor dem Training etwas oder jedenfalls zu viel gegessen hat.
Ein gefüllter, also schwerer Magen belastet die Bänder natürlich stärker als ein leerer. Auch, dass Untrainierte, vor allem solche mit schlecht trainierter Bauch- und Rumpfmuskulatur, häufiger betroffen sind, spricht für diese These.
Denn die Muskulatur wirkt natürlich stützend und damit entlastend auf die Bänder. Auch, dass Läufer mit schlechter Haltung, vor allem mit vorgebeugter oder zusammengesunkener Haltung, eher Seitenstiche bekommen, spricht dafür.
Denn diese Haltung entsteht ja aufgrund unzureichend eingesetzter Rumpf- und Bauchmuskulatur.
Allerdings gibt es noch weitere Theorien über das Entstehen der Seitenstiche.
These: Das Zwerchfell ist schuld
Eine mögliche Erklärung geht über die Rolle des Zwerchfells bei der Atmung.
Das Zwerchfell ist ein Muskel, der den Bauchraum vom Brustraum trennt. Durch Kontraktion des Zwerchfells wird der Brustraum erweitert, dadurch entsteht ein Unterdruck in der Lunge, die sich dadurch mit Luft füllt.
Einatmen ist also eine aktive Leistung des Zwerchfells. Zum Ausatmen entspannt sich das Zwerchfell. Dadurch wird der Brustraum kleiner, die überschüssige Luft wird aus der Lunge gedrückt. Aktives Ausatmen setzt den Einsatz der Bauchmuskulatur voraus.
Nur während des Ausatmens, also im entspannten Zustand, wird das Zwerchfell durchblutet und mit Sauerstoff und Energie versorgt.
Wenn die Atmung also zu schnell ist, vor allem zu kurze Ausatemphasen enthält, dann entsteht der Schmerz durch eine Mangelversorgung des Muskels.
Für diese These spricht, dass sich Seitenstiche durch die richtige Atemtechnik vermeiden und sogar behandeln lassen.
Auch eine Verkrampfung des Zwerchfells als Reaktion auf Überbeanspruchung wird diskutiert.
These: Mangeldurchblutung der inneren Organe
Eine weitere These betrifft die Durchblutung der inneren Organe. In der Milz und teilweise auch in der Leber ist Blut gespeichert, das bei starker Belastung natürlich benötigt wird.
Es wird sowohl eine Dehnung dieser Organe infolge zu großer Blutmenge als auch eine zu schnelle Entleerung dieser Blutspeicher als Ursache der Schmerzen diskutiert.
Auch wenn die Argumentation hier nicht eindeutig ist, so gibt es doch die Beobachtung, dass Sportler, denen die Milz entfernt wurde, seltener unter Seitenstichen leiden.
Dieses Organ scheint also zumindest eine wie auch immer geartete Rolle im Geschehen zu spielen. Da die Milz auf der linken Seite des Oberbauches liegt, kann dieser Grund aber nur Seitenstiche auf der linken Seite erklären.
Weiterhin wird vermutet, dass die inneren Organe bei starker Belastung zu wenig durchblutet sein könnten, weil das Blut zur Versorgung der Muskulatur benötigt wird.
Die Minderversorgung würde sich dann schmerzhaft bemerkbar machen. Für diese Vermutung spricht, dass nicht nur ein stark gefüllter Magen, sondern auch die Verdauungsarbeit allgemein die Schmerzen hervorrufen kann.
Die Zahl der Versuche, das Seitenstechen zu erklären, ist noch viel größer.
Manche Thesen sind rein beschreibender Art, andere versuchen, sich den Ursachen zu nähern. Die Wissenschaft hat noch keine wirklich eindeutige Erklärung gefunden.
Da Seitenstiche harmlos sind, hilft also am besten, sich selbst zu beobachten, in welchen Situationen die Stiche auftreten, und diese Situationen nach Möglichkeit zu vermeiden.
Literatur
Callum A. O’Malley, Samuel A. Smith, Alexis R. Mauger, Ryan Norbury (2024). Exercise-induced pain within endurance exercise settings: Definitions, measurement, mechanisms and potential interventions. Experimental Physiology 109(9):1446-1460.