Natural running – auch für Anfänger, auch zum Abnehmen?

Natural running. Was sich so natürlich anhört, erfordert ein paar Vorüberlegungen. Es geht nicht überall, und Anfänger müssen vorsichtig einsteigen. Aber dann ist es richtig gut!
Natural running - Laufen mit Barfuß-Schuhen
Astrid Kurbjuweit
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14 Minuten
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Laufen oder Joggen ist eine der besten Sportarten für Menschen, die fit werden und vielleicht auch etwas abnehmen möchten. Es lässt sich individuell an die jeweilige Fitness anpassen, man kann immer so laufen, dass man sich weder über- noch unterfordert.

Weil heutzutage aber alles irgendwie kompliziert ist, kann man natürlich nicht einfach loslaufen. Zuerst braucht man Laufschuhe. Und da fängt das Problem auch schon an. Mit den Schuhen trifft man eine Grundsatzentscheidung für oder gegen Natural Running. Das sollte man zumindest wissen, bevor man einfach irgendwelche kauft.

Früher war alles anders, allerdings nicht unbedingt besser

Bis vor wenigen Jahren war das noch einfacher. Da war klar, dass ein Laufschuh dämpfen, führen und stützen muss. Laufschuhe waren einige Jahre lang ziemlich klobige Gebilde. Bis sich herausstellte, dass gerade diese orthopädisch so sorgfältig durchdachten Schuhe durchaus auch Ursache von Gelenkproblemen, von Schmerzen, Überlastungserscheinungen und Verletzungen sein können.

Seither gibt es eine Gegenbewegung, die unter der Bezeichnung Natural Running im Extremfall das Barfußlaufen propagiert, aber auch das Laufen in speziellen Laufsocken oder flachen, weichen Laufschuhen fällt darunter. Inzwischen gibt es eine große Auswahl an Laufschuhen, die für diese Form des Laufens geeignet sind.

Natürliches Laufen und heutige Laufbedingungen

Es gibt so etwas wie ein natürliches Laufen. Wenn man es sehen möchte, muss man Kindern beim Barfußlaufen zugucken. Das, was man dort sieht, scheint wirklich natürlich und anstrebenswert zu sein, für ein solches Laufen sind Menschen gemacht.

Allerdings gibt es dabei mehr als einen Haken. Heutige Erwachsene, die mit dem Laufen beginnen, sind oft jahre-, manchmal jahrzehntelang überhaupt nicht gelaufen. Die Muskulatur, die das natürliche Laufen ermöglicht, ist bei ihnen untrainiert, der Bewegungsapparat ist an größere Belastungen nicht gewöhnt.

Außerdem sind viele Laufanfänger übergewichtig, ist doch der Wunsch nach Gewichtsreduktion ein Hauptgrund, überhaupt mit dem Laufen zu beginnen.

Laufen auf Asphalt ist nicht so natürlich

Hinzu kommt, dass der natürliche Untergrund, auf dem sich natürliches Laufen ganz natürlich einstellt, heute schwer zu finden ist. Der Durchschnittsläufer läuft auf Asphalt oder gepflasterten Wegen. Waldboden würde die richtige Dämpfung liefern, aber auch im Wald sind die Wege heute befestigt.

Wer jahrzehntelang ständig Schuhe getragen hat, läuft auch nicht einfach von jetzt auf sofort barfuß. Der geht bestenfalls sehr vorsichtig ein paar Schritte barfuß, auf dem sorgfältig gepflegten Rasen oder auf dem Teppich in der Wohnung.

Also auch wenn der Trend heute Natural Running heißt, sollte man sich gut überlegen, ob und inwieweit man da mitmacht. Es gibt viele Abstufungen, man muss ja nicht mit den Extremen anfangen.

Die richtigen Laufschuhe

Denn es ist keine Frage des Alles-oder-Nichts. Es ist eine Frage des Grades, und da kann man mit etwas Überlegung wirklich eine sinnvolle, vernünftige Entscheidung treffen.

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Zuletzt aktualisiert am 4. Dezember 2024 um 15:45 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.

Zunächst sollte man ehrlich mit sich selbst sein. Wer lange überhaupt nicht gelaufen ist, wer vielleicht ein bisschen schwerer ist, wer überhaupt, wenn er ehrlich ist, noch gar kein Läufer ist, erst einer werden möchte, der sollte zum Laufen Schuhe tragen. Schuhe mit einer dämpfenden Sohle, zumindest dann, wenn Asphalt als Laufuntergrund nicht ganz ausgeschlossen werden kann.

Laufschuhe und Fußfehlstellungen

Je schwerer man ist, umso mehr sollte man auf feste, stützende Schuhe achten. Wer Fußfehlstellungen hat, sollte orthopädische Einlagen in Betracht ziehen. In heutige Laufschuhe kann man die einfach reinlegen. Ein Paar Laufschuhe wird ohnehin nicht das ganze Läuferleben aushalten, man kann also anvisieren, dass die nächsten dann vielleicht schon etwas mehr in Richtung „natural“ gehen werden.

Heutige Laufschuhe haben meistens eine geringere Sprengung, also weniger Absatz, als noch vor ein paar Jahren. Das hat sich als günstiger für die natürliche Laufbewegung herausgestellt.

Aber wenn man jahrelang nur Schuhe mit hohen Absätzen getragen hat, muss man sich an das flache Lauferlebnis erst rantasten. Schmerzhafte Sehnenreizungen können die Folge sein, wenn man gleich mit den extrem flachen Tretern beginnt.

Es kann helfen, auch im Alltag möglichst oft möglichst flache Schuhe zu tragen, ruhig Schuhe für Natural Running. Die funktionieren auch beim Gehen.

Männerschuhe und Frauenschuhe

Laufschuhe müssen passen und Füße und Ansprüche sind sehr unterschiedlich. Da ist es gut, dass viele Laufschuhe speziell für Frauen beziehungsweise für Männer angeboten werden. Das ist sinnvoll, da sich die Füße von Frauen und Männern nicht nur in der Größe unterscheiden.

Trotzdem gibt es die Situation, in der man mal bei den Schuhen für das jeweils andere Geschlecht gucken kann oder sollte. Nicht jede Frau hat typische Frauenfüße, nicht jeder Mann hat typische Männerfüße.

Hinzu kommt, dass bei der Herstellung der Schuhe von der Annahme ausgegangen wird, dass Frauen leichter sind als Männer. Frauen, die etwas mehr, und Männer, die etwas weniger wiegen, könnten manchmal die besseren Schuhe finden, wenn sie sich nicht an Etiketten stören.

Denn ob und auch wie lange die Dämpfung der Schuhe funktioniert, hängt mit dem Gewicht zusammen. Bei manchen Herstellern unterscheiden sich die Frauen- und Männermodelle allerdings nur in der Farbe.

Laufstile und Lauftechnik

Es gibt eine große Diskussion darüber, welches der richtige Laufstil ist. Fest steht dabei nur, dass es unterschiedliche Laufstile gibt.

Grob unterscheidet man den Vorfußlauf und den Rückfußlauf. Entweder man setzt zuerst mit dem Fußballen auf oder zuerst mit der Ferse. Dazwischen gibt es Übergänge, die als Mittelfußlauf bezeichnet werden.

Die Natural Running Lauftechnik wäre also am ehesten dem Vorfußlauf zuzuordnen. Vielleicht noch dem Mittelfußlauf.

Natural Running barfuß am Strand - Vorfußlauf

Natural Running barfuß am Strand – Vorfußlauf
(Foto: Maridav/Shutterstock)

Kinder interessieren sich nicht für Laufstile

Wenn man wieder Kinder beobachtet, stellt man fest, dass die sich nicht für Laufstile interessieren. Beim Gehen setzen sie den Fuß mit der Ferse auf, und je schneller sie werden, umso mehr verlagert sich dieser Aufsetzpunkt in Richtung Vorfuß. Das scheint der natürliche Laufstil zu sein.

Man ist heute also wieder davon weggekommen, sich bestimmte Laufstile anzutrainieren. Es hängt einfach von der Laufgeschwindigkeit ab.

Laufstil und Laufschuhe hängen zusammen: Natural Running braucht am besten gar keine Schuhe

Was natürlich auch Konsequenzen für die Auswahl der richtigen Laufschuhe hat. Denn die gut gedämpften Stützschuhe, die bis vor ein paar Jahren vorherrschend waren, förderten natürlich einen Laufstil, bei dem die Ferse zuerst aufgesetzt wird.

Rückfuß-Laufstil - braucht Laufschuhe mit guter Dämpfung

Der Rückfuß-Laufstil braucht Laufschuhe mit guter Dämpfung
(Foto: Maridav/Shutterstock)

Barfuß oder mit Laufsocken geht das gar nicht, wäre sehr schmerzhaft. Eine Reduzierung der Fersendämpfung und -sprengung bei den Schuhen führt also schon automatisch dazu, dass sich der Laufstil verändert. Hin zu einem natürlichen Laufstil, wie man ihn unverfälscht an den Kindern beobachten kann.

Dämpfung durch Schuhe oder durch starke Waden

Der durch die supergedämpften Schuhe geförderte Rückfußlauf wird dann beim Laufen gar nicht mehr vorkommen, nur noch beim Gehen. Da scheint er richtig zu sein. Was umgekehrt bedeutet, dass diese ganzen Dämpfungen gar nicht mehr nötig sind, denn beim Vorfuß- und Mittelfußlauf sind sie wirkungslos. Hier kommt die natürliche Dämpfung der Fußform und der Laufbewegung zum Tragen.

Mittelfußlauf und Vorfußlauf setzen dementsprechend, ganz natürlich, auf eine andere Art der Dämpfung: Die Muskulatur in den Waden fängt die Stöße beim Aufprall ab. Damit die das kann, muss sie entsprechend gut trainiert sein, was beim Anfänger erstmal nicht der Fall ist.

Natural Running muss man also erst mal lernen. Je schwerer man ist, umso größer ist die Herausforderung. Die man aber mit entsprechendem Training meistern kann.

Lauftraining und Fußtraining

Es ist also sinnvoll, zunächst mal mit etwas mehr Schuh zu beginnen. Parallel zum Lauftraining kann man ein Fuß- und Muskeltraining machen. Denn dem natürlichen Laufen stehen ein paar Gründe entgegen, die oben genannt wurden. Durch entsprechendes Training lässt sich zumindest einiges ändern.

Barfußgehen

Es ist nicht empfehlenswert, mit dem Barfußlaufen zu beginnen. Diese Extremform des Natural Running ist in der heutigen Umwelt meistens unangebracht. Man fängt besser in Schuhen an.

Wenn barfuß, dann erstmal nur Gehen und das auch nur auf ausgewählten Untergründen. Die Zivilisation macht es uns hier schwer.

Barfußgehen und -laufen kann man üben und lernen

Daneben kann man das Barfußgehen aber trainieren, indem man es tut. Zuerst zuhause auf dem Teppich, fünf Minuten am Tag. Dann immer länger, dann nach und nach auch auf schwierigeren Untergründen.

Die Fußsohle passt sich mit der Übung an, schmerzt nicht mehr beim Kontakt mit Asphalt oder Stein. Die Sehnen, Bänder und Gelenke werden gestärkt, passen sich immer mehr an die neue Art der Belastung an.

Die Muskulatur wird stärker, kann nach einigem Training auch die Belastungen aushalten, die entstehen, wenn beim Vorfußlauf der Aufprall von den Muskeln abgedämpft werden muss. Sobald man ganz normal barfuß gehen kann, kann man mit dem Barfußlaufen beginnen. Am besten nach und nach, um Überlastungen zu vermeiden.

Um Verletzungen zu vermeiden, läuft man draußen besser nicht ganz barfuß. Barfuß-Schuhe bieten den nötigen Schutz vor Glasscherben, spitzen Steinen, heißem Asphalt und sonstigen Misslichkeiten.

Um sich die Umstellung zu erleichtern, kann es hilfreich sein, auch im Alltag möglichst oft barfuß zu gehen, beziehungsweise in Laufsocken oder natural-Laufschuhen.

Strandfeeling und Barfußtraining

Als Nebenwirkung kann man zum Beispiel im Urlaub mühelos am Strand barfuß gehen. Selbst tiefer, weicher Sand macht einem mit dem entsprechenden Training nichts mehr aus. Auch heißen Sand hält man zumindest besser aus, wenn man seine Füße vorher entsprechend trainiert hat.

Fußfehlstellungen

Durch jahrelanges Tragen von falschem Schuhwerk, durch Übergewicht und Bewegungsmangel und auch aus unbekannten Gründen sind Fußfehlstellungen und Fußschmerzen heute recht häufig. Sie äußern sich unter anderem in Schmerzen beim Laufen oder auch beim Gehen. Gegen viele dieser Beschwerden helfen orthopädische Einlagen. Sie entlasten.

Zusätzlich kann und sollte man seine Füße trainieren, mit Fußgymnastik. Das stärkt die Muskulatur und kann dadurch die Einlagen nach und nach überflüssig machen. Jedenfalls sollte man Fußschmerzen nicht einfach so hinnehmen, das lässt sich behandeln.

Auch Übergewichtige müssen nicht mit Fußschmerzen leben. Egal wie viel man wiegt, man kann seine Füße immer trainieren und damit die Schmerzen erst reduzieren und dann loswerden.

Übergewicht

Einer der häufigsten Gründe, warum überhaupt ein Lauftraining aufgenommen wird, ist der Wunsch nach einer Gewichtsreduktion. Der typische Laufanfänger wiegt also ein wenig mehr.

Das ist kein grundsätzlicher Hinderungsgrund, kann aber eine Einschränkung bedeuten in der Hinsicht, dass man es langsamer angehen lassen sollte. Je mehr man wiegt, umso mehr sollte man sich nach einem Trainingsplan richten, der auf die Bedürfnisse eines übergewichtigen Laufanfängers eingeht.

Je mehr man wiegt, umso eher sollte man gut gedämpfte Laufschuhe nehmen. Zum Rückfußläufer muss man deshalb aber nicht unbedingt werden.

Entwicklung: Immer natürlicher

Man kann sagen, dass der typische Laufanfänger heute ziemlich weit von seinem natürlichen Zustand und von Natural Running entfernt ist.

Er trägt gewohnheitsmäßig ständig Schuhe, oft eng, oft mit hohen Absätzen. Er geht wenig zu Fuß, sitzt den ganzen Tag. Es ist eine gute Idee, jetzt nach mehr Bewegung, auch nach mehr Freiheit für die Füße zu streben. Aber es geht nicht von jetzt auf sofort.

Je mehr man sich einem natürlich fitten Zustand annähert, umso besser wird man auch mit Natural Running zurechtkommen. Es ist also weniger eine ideologische Entscheidung, als ein Entwicklungsprozess. Angepasstes Training ist der Weg zum Ziel.

Natural Running als Entwicklung

Je fitter man wird, je leichter man wird, je besser der Trainingszustand wird, umso bessere Chancen hat man, mit Natural Running genau das zu finden, was am besten zu einem passt. Mit speziellem Training, das die Muskulatur und vor allem die Füße stärkt, lässt sich das zielführend beeinflussen.

Allerdings sollte man heutzutage nicht überall barfuß laufen. Laufsocken oder zumindest ein minimalistisches Laufschuhmodell sollte man an vielen Orten doch besser tragen, die Verletzungsgefahr ist sonst zu groß.

Seine Grenzen findet das natural running also leider dort, wo es um den Untergrund geht, auf dem gelaufen wird. Der entspricht heute fast überall in keinster Weise dem, was als natürlich angesehen werden kann.

Mit der Wahl des richtigen Laufschuhs kann man einen Ausgleich schaffen, kann man sich die Dämpfung verschaffen, die der Asphalt eben nicht liefert. Auch wenn das Ideal Barfußlaufen oder Natural Running heißt, so sollte man doch vernünftig sein, und es nicht immer und überall anstreben.

Mit ein paar vernünftigen Entscheidungen und vor allem, mit regelmäßigem Training wird Laufen dann wieder das, was es einmal war: die natürlichste Sache der Welt.

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Beitragsbild:Soeren Kracht/Shutterstock